Das Urheberrecht der Schweiz
SAFE stellt sich den Schutz des Urheberrechts gegen Verletzungen zur Aufgabe; dies in erster Linie durch die Verfolgung von Rechtsverletzungen gegenüber den Urheber-, Interpreten- und Herstellerrechten seiner Mitglieder.
Das Urheberrecht ist in der Schweiz schon seit 1862 durch ein Konkordat, seit 1883 durch ein Bundesgesetz geschützt; die Schweiz stand als Gastgeberland an der Wiege der wichtigsten weltweiten Abkommen zum Urheberrechtsschutz, von der Berner Übereinkunft 1886 bis zu den Abkommen der in Genf ansässigen Weltorganisation für Geistiges Eigentum WIPO von 1996.
Das Urheberrecht in der Schweiz ist im wesentlichen im Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (? Urheberrechtsgesetz, abgekürzt URG) geregelt. Dieses bestimmt, welche Gegenstände (nämlich Werke, daneben aber auch die Leistungen von Interpreten, aufgezeichnete Ton- und audiovisuelle Produktionen, und Sendungen) geschützt sind; welche Verwendungen (wie z.B. das Vervielfältigen, Senden oder online Zugänglichmachen) dem Schutz unterstehen; und unter welchen Voraussetzungen solche Verwendungen davon ausgenommen sind (z.B. für das Zitieren, für bestimmte Archive, im privaten Bereich oder für den Schulgebrauch). Geregelt ist auch das Recht der Urheber zur Veröffentlichung ihres Werkes, zu Änderungen und Bearbeitungen und auf Nennung ihres Namens. Sodann regelt es, für welche Dauer (die sogenannte Schutzfrist, bei Werke 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers) die Ausschliesslichkeitsrechte gelten, wie sie übertragen werden können, und insbesondere, wie der Schutz rechtlich gewährleistet ist: Rechtsinhaber können vor Gericht Verbote rechtsverletzender Handlungen und unter Umständen Schadenersatz verlangen, die Hilfe von Zollbehörden in Anspruch nehmen, und bei vorsätzlich begangenen Verletzungen auch Strafverfolgung einleiten. Für bestimmte Fälle der Werkverwendung sieht das Gesetz die sogenannte Kollektivverwertung vor, das heisst die Erhebung pauschaler Abgeltungen durch Verwertungsgesellschaften zugunsten ihrer Mitglieder. Die Urheberrechtsverordnung (URV) regelt Einzelheiten dieser kollektiven Verwertung.
Das Urheberrecht ist international weitgehend durch multilaterale Staatsverträge geregelt, die Gelichbehandlung und einen Mindeststandard des Schutzes praktisch weltweit gewährleisten, und an die auch die Schweiz gebunden ist; beginnend mit der erwähnten Berner Übereinkunft bis zu den Urheberrechts- und Leistungsschutzabkommen der WIPO aus dem Jahr 1996.
Das heutige URG der Schweiz stammt aus dem Jahr 1992 (das Vorgängergesetz hatte seit 1922 gegolten). Es wurde 2008 einer weitgehenden Revision unterzogen, um es an die Vorgaben der WIPO-Abkommen und die Erfordernisse des beginnenden Informationszeitalters anzupassen – weitere Neuerungen werden derzeit diskutiert (AGUR 12).
Warum braucht es Urheberrecht?
Alle zusammen bilden die Kultur- und Kreativwirtschaft – eine wichtige Lebensader der Gesellschaft [•Kulturbotschaft].
Der Zweck des Urheberrechts ist, es möglich zu machen, dass diejenigen, die an geistigen Werken mitschaffen, mit diesem Schaffen ihren Lebensunterhalt bestreiten können.
Das sind vor allem die Urheber selber: Autoren, Regisseure, Komponisten, Texter, Übersetzer und viele andere Berufe mehr. Indirekt gilt es aber auch für die zahllosen weiteren Professionellen, die an der Produktion von Filmen, Musik und anderen Werken mitwirken; etwa Lektoren, Kamera- und Lichtoperateure, Film- und Tontechniker, Schnittmeister (Editors), Ausstatter (Requisiteure), Programmierer, 3D Designer – bis hin zu den Mitarbeitern in der Verwaltung, der Buchhaltung, den Assistenten, die auch in diesem Wirtschaftszweig in grosser Zahl tätig sind.
Die Kosten der Kulturproduktion sind also vor allem zahllose Erwerbseinkommen. Dies setzt Anreize für kreatives Schaffen – denn wer will in einer Gesellschaft leben, wo nur die schreiben, komponieren und filmen, die es sich leisten können?
Zugleich ermöglicht das Urheberrecht den Produzenten, Tonträger-Labeln und Verlagen, aber auch Vermarktungs- und Vertriebsunternehmen in verschiedenen Sparten und Ländern mit unterschiedlicher Sprache und Kultur, ihrer Geschäftstätigkeit nachzugehen und dahinein zu investieren. Diese Produktion und Vermarktung findet unter Hochrisiko statt; Publikumserfolg ist kaum programmierbar, und ein Erfolg muss etliche Flops ausgleichen.
Dass mit geistigen Werken Einkommen erzielt werden kann, ist nicht selbstverständlich: Waren sind verkäuflich und weiterverkäuflich. Für Dienstleistungen kann von jedem Kunden, der sie in Anspruch nimmt, ein Entgelt verlangt werden. Geistige Werke dagegen – einmal veröffentlicht – sind prinzipiell allgemein verfügbar („ubiquitär“) – das Internet hat diese Besonderheit nur akzentuiert. Jedermann könnte Filme kopieren, Musik einspielen, Stücke aufführen und diese verbreiten und weiterverwenden, ohne den Erbringer der Leistung – den Komponisten, Regisseur, Autor, Produzenten – zu fragen oder dafür zu bezahlen.
Einen Markt für die grosse Wertschöpfung, die in geistiger Arbeit steckt, gibt es daher erst seit der Durchsetzung des Urheberrechts, einer der Errungenschaften der europäischen Aufklärung. Das Urheberrecht hat die Ungerechtigkeit beseitigt, dass andere von den Werken profitieren; das geistige Schaffen aus der Abhängigkeit von Fürsten, Kirche, Staaten und ähnlichen „Mäzenen“ befreit; und Kultur wie Unterhaltung auf eine selbständige, auch unternehmerische Grundlage gestellt.
Das heutige Urheberrecht knüpft sowohl an die Urheberschaft des Werks, als auch an die Leistung der Interpreten, als auch an die Produktion geschützte Rechte, die verhandelt und übertragen werden können. Urhebern und Interpreten erlaubt dies, mit Verlegern und Produzenten nicht nur über Arbeitslohn, sondern über Honorare und Gagen aufgrund des Werts ihrer Leistung, des Publikumserfolgs, zu verhandeln. Jenen ermöglicht es, den Autoren und Interpreten Honorare und Gagen zu zahlen, ebenso die Löhne der zahllosen Mitwirkenden, und in Produktionen zu investieren, allein im Hinblick auf die Interessen und Bedürfnisse des Publikums, d. h. den Markt. Künstler sind frei zu entscheiden, was und für wen sie schreiben, komponieren, musizieren oder filmen, Unternehmer, in welche Produktion sie investieren und wie sie das finanzieren.
Erst der Rechtsschutz, welcher Verwendungen des Werks von einer Einwilligung des Rechtsinhabers abhängig macht, hat die Werke zum Gut gemacht, das veräussert weiterveräussert, und zur Finanzierung belehnt werden kann, das also im Wirtschaftsverkehr zirkulieren kann. Weil prinzipiell jeder, der Werke verbreitet oder kommuniziert, hierfür eine Lizenz des Rechtsinhabers benötigt, fliessen die Ladenpreise, Online-Abonnemente oder Kinoeintritte, die das Publikum zahlt, entlang der Wertschöpfungskette zurück. Das Urheberrecht schafft somit einen Markt, an dem der Wert der Werke und der Aufwand ihrer Produktion und ihres Vertriebs realisiert werden kann.
Das gilt auch für die Vergütungen an Verwertungsgesellschaften, die zu Unrecht oft als bürokratische und ungerechtfertigte finanzielle Belastung für Wirtschaft und Verbraucher missbilligt werden. Trotz pauschaler Tarife sind sie keine Steuern oder Abgaben. Sie sind Vergütungen für den Nutzen, den andere aus Werken ziehen, wo aber einzelne Transaktionen zwischen Anbietern und Nutzern kaum möglich wären. Zu einem gerechten Einkommen der Urheber und zum Markt der Produktionen gehören sie dazu.
Das Urheberrecht ist weder ein illegitimes Privileg, noch eine antiliberale staatliche Regulierung, sondern Teil einer freiheitlichen Eigentumsordnung, die Markt und Wettbewerb, selbständiges kreatives Schaffen und unternehmerisches Wirken in Kultur und Unterhaltung überhaupt erst ermöglicht. Er steht als solcher unter dem Schutz der Bundesverfassung.
Kulturelles Schaffen, auch die Unterhaltungsindustrie, braucht kreative und unternehmerische Freiheit. Dazu gehört unverzichtbar der Schutz des Urheberrechts.
Wozu braucht es im Urheberrecht Verbote?
Urheberrecht ist ein Immaterialgüterrecht; es schützt immaterielle Gegenstände, die prinzipiell ungehindert verbreitet werden könnten, um gleichwohl einen Markt für diese zu schaffen. Es bedient sich des Mittels sogenannter Exklusivrechte (Ausschliesslichkeitsrechte), die es den Rechtsinhabern erlauben, andere von Verwendungen auszuschliessen. Selbstverständlich nicht, um Werke vom Publikum fernzuhalten - daran haben Rechtsinhaber natürlich kein Interesse –, sondern um umgekehrt zu Marktkonditionen die Erlaubnis (Lizenz) erteilen zu können. Auf solchen Lizenzen beruht die Kette vom Urheber, der vom Produzenten, Label oder Verlag Honorare und oft auch Erfolgsbeteiligungen bezieht, bis zum Kino, Sender oder zur Online-Plattform, die Einnahmen z.B. direkt vom Publikum oder mittelbar über Werbung erzielen. Geschützt wird diese Kette durch die Exklusivrechte, die es ermöglichen, gegen nicht lizenzierte Verwendungen rechtlich vorzugehen.
Zu diesen urheberrechtlich geschützten Verwendungen gehören unter anderem das Vervielfältigen, Verbreiten, Senden, Vorführen und namentlich auch der Upload im Internet – in der Rechtssprache das „Zugänglichmachen auf Abruf“.
Ohne Lizenz der Rechteinhaber (und sofern sie nicht unter eine „Schranke“ des Urheberrechts fallen, z.B. ausschliesslich im privaten Bereich und im Familien- und Freundeskreis stattfinden) sind diese Verwendungen unrechtmässig. Rechtsinhaber können vor Gericht die Unterlassung verlangen; unter weiteren Voraussetzungen (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) Schadenersatz verlangen; und bei Vorsatz, d.h. wissentlicher und willentlicher Rechtsverletzung, können Urheberrechtsverletzungen auch strafbar sein.
Nur, weil für die Verletzung dieser Exklusivrechte zivil- und auch strafrechtliche Sanktionen drohen, können sie sich durchsetzen. Dass das Urheberrecht auch durch das Strafrecht geschützt werden muss, hat einen Grund darin, dass der Zivilprozess oft keine ausreichenden Mittel bietet, Rechtsverletzungen aufzudecken und zu verhindern – gerade diejenigen der grossen Betreiber illegaler Plattformen und Netzwerke im Internet, die sich als blosse „Gehilfen“ hinter ihren zahllosen Nutzern verstecken.
Wieso schadet die Verletzung von Urheberrecht?
Wer Urheberrecht verletzt, benützt fremde kreative Leistungen – um sich zu unterhalten, zu bilden, oder Geschäft zu machen, oder sich zu profilieren – ohne seinen Beitrag an deren Schaffen zu leisten. Urheberrechtsverletzungen entziehen der Kreativwirtschaft die verdienten Einnahmen. Daran ändert es nichts, dass dies so einfach geworden ist – im Gegenteil, Verletzungen sind nicht legitimer oder weniger schädlich, sondern um so schädlicher, wenn sie massenhaft begangen werden. Ausreden – ich zahle ja Konzerttickets, Rundfunkgebühren, Leerträgerabgaben – sind Augenwischerei. Solche Vergütungen ergänzen, aber ersetzen nicht die Einnahmen, auf die Urheber und Produzenten angewiesen sind. Es kann auch keine Rolle spielen, ob verdiente Geld der Kreativwirtschaft im In- oder im Ausland entzogen wird – hier wie dort schmälert dies Chancen, und reduziert Produktion und Vielfalt, welche das Publikum in der Schweiz so schätzt. Eines der Länder mit anerkannt höchstem Wohlstand sollte nicht seine Kultur- und Unterhaltungsbedürfnisse auf Kosten fremder Arbeit befriedigen.
Auch illegale Angebote sind keineswegs „gratis“ – mit ihnen wird viel Geld verdient, durch Werbung, Kundendaten und andere Wege der „Monetarisierung“ – nur gelangt dieses Geld in die Taschen von Trittbrettfahrern, die fremde Werke dafür ausbeuten, klandestinen Netzwerken mit hoher krimineller Energie, wie sie sich hinter populären Portalen wie „kino.to“ und “boerse.bz“ gezeigt haben. Geprellt werden nicht nur die Künstler und Produzenten, sondern auch die Allgemeinheit – könnte doch manches Angebot weniger teuer erbracht werden, wenn sein ganzes Publikum bereit wäre, dafür zu zahlen.